Jugendeuropameisterschaft 2025 in Montenegro

Bericht verfasst von Erich Lichtl.

Vom 28.10. bis zum 08.11. gingen in Budva, Montenegro die Jugendeuropameisterschaften über die Bühne. Erfreulicherweise fand sich auch ein Abgesandter aus Hörsching ein: Valentin hatte sich mit einem guten sechsten Endrang bei der Staatsmeisterschaft in der U12 für die Teilnahme qualifiziert.

Trotz großer Vorfreude war die Teilnahme jedoch mit einigen letztendlich aber kleineren Hindernissen verbunden:

  • Eine Erlaubnis der Schule musste eingeholt werden, da ein Großteil der EM in die Woche nach den Herbstferien fiel
  • Begleiter Papa Erich hatte eigentlich nicht mehr genügend Urlaub übrig, wir hatten nicht mit einer Qualikation gerechnet!
  • Die Kosten mussten selbst getragen werden. Hier unterstützte uns der Schachverein Hörsching sehr großzügig, DANKE!!

Als letztendlich alles geklärt werden konnte und wir uns in Budva wiederfanden wurde uns schnell klar, dass die Veranstalter eine tolle Organisation umgesetzt hatten. An dieser Einschätzung konnten auch Kleinigkeiten, wie zum Beispiel der Erhalt einer australischen Accreditationcard für Papa Erich nichts ändern – im Gegenteil, dieser fühlte sich angesichts seiner plötzlichen Internationalisierung sogar ein wenig aufgewertet. Die EM fand in Budva statt – ein touristisch sehr gut erschlossener Ort an der Adriaküste mit einer wunderschönen Altstadt. Die ganze österreichische Delegation war im Hotel Slovenska Plaza einquartiert – eine Anlage, die wir trotz ihrer Größe nie wirklich als überfüllt wahrgenommen haben. Die Verpflegung sagte uns zu – es gab zu allen Mahlzeiten ein Buffet, sodaß eigentlich fast jeder immer etwas finden konnte. Von unserem Zimmer waren es wohl in etwa 10-15 Minuten Gehzeit bis zur Spielhalle und generell waren wir während der EM recht viel zu Fuß unterwegs, da sich noch einmal 10-15 Minuten weiter die Altstadt befand und wir dieser auch mehrere Besuche abstatteten.

Viele von Valentins österreichischen KollegInnen nahmen die vorab zu buchenden Dienste der hervorragenden österreichischen Trainer in Anspruch, Valentin musste sich mit Begleiter Papa Erich zufrieden geben, was uns jedoch große Flexibiltät bescherte, so bereiteten wir uns beispielsweise auch einmal am Strand auf den nächsten Gegner vor.

Großes Glück hatten wir auch mit dem Wetter. Eine kurze Onlinerecherche brachte zu Tage, dass die meisten Niederschläge in Montenegro normalerweise im November zu erwarten sind. Wir aber hatten nur den einen oder anderen Regentag, wie z.B. am spielfreien Tag. Besonders lobend sei hier aber das Wetter zu Allerheiligen und Allerseelen erwähnt, wo es bis zu 23 Grad bei strahlendem Sonnenschein gab, und natürlich, bei solch überzeugenden Bedingungen durfte ein Bad im Meer nicht fehlen. Bei Papa Erich, der während der EM mit reichlich Wartezeit am Meer gesegnet war wurden es sogar sieben oder acht Badegänge.

Aber nun zum Schachlichen!

In 9 Runden wurden die neuen EuropameisterInnen ermittelt, die Bedenkzeit war 90 Minuten + 30 Sekunden pro Zug. Dass hier nur die Besten der Besten mitspielen war bereits vor dem Turnier klar – Valentin war mit einer Elozahl von 1703 an Position 100 gesetzt, insgesamt fanden sich in der U12 124 Kinder ein. Und aufgrund der hohen Dichte an guten Spielern erhielt Valentin in 8 Partien elostärkere Gegner.

Runde 1 (vs 1994 aus der Türkei):

Mit Schwarz ging es gegen einen sehr starken Gegner. Obwohl auch dieser „nur“ an Position 38 gereiht war konnte er am Ende die Bronzemedaille gewinnen. Gratulation! Valentins Gegner verzichtete in der Partie auf einen direkten Angriff und wählte einen eher positionellen Weg. Als Valentin schon etwas gedrückter stand ging leider eine Qualität verloren. Schade! 0:1, Stand: 0/1

Runde 2 (vs 1876 aus Azerbaijan):

Mit Weiß spielte Valentin eine Musterpartie in seinem erst über den Sommer erlernten neuen Repertoire. Als Valentin laut Engine auf 5.0+ stand entschied er sich aber für eine ruhige Fortsetzung anstatt dem schwarzen König zu Leibe zu rücken. Remis und die ersten Punkte bei einer EM! Stand 0.5/2

Runde 3 (vs 1848 aus Griechenland):

Mit Schwarz konnte Valentin wieder eine laut Engine gewonnene Stellung herausspielen, leider wieder nur Remis! 1/3

Runde 4 (vs 1844 aus Azerbaijan):

Zum dritten Mal Schwarz in vier Partien…. Valentin konnte in dieser Partie eine Figur gewinnen, aber seine Mehrfigur fristete ein recht bescheidenes Dasein. Versuche die Figur ans Geschehen heranzuführen hätten eher früher als später unternommen werden sollen, da sein Gegner am Ende fast schon ausreichende Kompensation erhielt – ein weiteres Plusremis gegen einen laut Rating zu favorisierenden Gegner war die Folge! Stand 1.5/4

Runde 5 (vs 1866 aus Österreich):

Dass man wie in unserem Falle ca. 7 Stunden aus Österreich zur EM in Montenegro anreist um dann gegen einen von vier anderen in der U12 vertretenen Österreicher zu spielen ist schon recht amüsant. Valentin hatte Weiß, aber griff wie schon bei der Staatsmeisterschaft gegen seinen Gegner in der Eröffnung daneben. Seine Versuche die Partie mit komplizierten Taktiken doch noch einer erfreulichen Wendung zuzuführen scheiterten leider! 0:1, Stand 1.5/5

Runde 6 (vs 1750 aus der Ukraine)

Diese Partie fand nach dem spielfreien Tag statt. Da dieser verregnet war nahmen wir an keinem Ausflugsprogramm teil und verbrachten die Schachpause mit…… ja genau: Schach! Am Nachmittag fand ein Blitzturnier statt an dem auch Papa Erich teilnehmen durfte und sich angesichts des Durchschnittsalters ein klein wenig wie ein Dinosaurier fühlte. Und in diesem Blitzturnier wurde Papa Erich Valentins nächstem Gegner zugeteilt – mit denselben Farben! Papa Erich nutzte die Gelegenheit, verzichtete auf sein übliches Mängelrepertoire und spielte Valentins Züge, in der Hoffnung Infos über des Gegners Eröffnung zu erhalten. Das Resultat war eine schön gewonnene 1.d4 d5 Partie, die auch als Fundament für Valentins Vorbereitung diente. So weit so gut – nur der Gegner machte nicht mit und erwiderte am Tag darauf 1.d4 mit c5! Trotzdem spielte Valentin wohl seine beste Partie im Turnier und da auch sein Gegner positionell sehr geschickt agierte, musste der Erfolg erarbeitet werden was schlußendlich auch gelang. Tolle Leistung von Valentin und auch seinem Gegner, von dem wir hoffen, dass er sich in einer sicheren Umgebung weiter dem Schachspiel widmen kann. 1:0, Stand 2.5/6.

Runde 7 (vs 1852 aus Israel)

Eine wertvolle Erfahrung während der EM war für Valentin zweifelsohne das Kennenlernen von anderen Kindern aus anderen Ländern und Kulturen, die hier jedoch alle ein gemeinames Ziel hatten – gute Schachpartien zu spielen! Valentins nächster Gegner kam aus Israel, und die israelische Delegation verzichtete vermutlich aus gutem Grund auf das Tragen von Nationaltrikots oder ähnlichen Erkennungsmerkmalen. Wir hatten uns auch gefragt ob mit Valentins Gegner vielleicht auch seltener Süssigkeiten vor der Partie ausgetauscht wurde. Valentin machte natürlich keine Ausnahme und erhielt im Austausch für seine Mozartkugel einen süssen Sesamsnack mit hebräischen Schriftzeichen, der am Abend nach zaghaftem Probieren an Papa Erich weitergereicht wurde. Die Partie verlief leider nicht so harmonisch – Valentins Gegner spielte eine Nebenvariante und oft macht es einen Riesenunterschied, ob der Gegner Figuren tauscht oder man selbst. 0:1 Stand 2.5/7

Runde 8 (vs. 1538 aus Montenegro)

Bei einer Europameisterschaft gegen einen Lokalmatadoren anzutreten ist angesichts des Heimvorteils nie so einfach – im Fußball werden die Fans ja auch oft liebevoll 12ter Mann genannt. Bei der Jugend-EM spielte der Heimvorteil weniger Rolle, die Zuschauer durften nämlich gar nicht mit in den Spielsaal, ja sogar den Delegationsleitern blieb der Zugang verwehrt! Generell unternahmen die Veranstalter große Anstrengungen potentielles Cheating auszuschließen – so mussten alle Spieler durch einen Metalldetektor gehen, Kappen und mitgebrachtes Schreibzeug wurden nicht toleriert.

In der Partie wurde Valentin (Weiß) seiner einmaligen Favoritenrolle mehr als gerecht – der Gegner musste im 17ten Zug kapitulieren. Lichess meint 98% Genauigkeit, BRAVO! 1:0 Stand 3.5/8

Runde 9 (vs 1838 aus der Slovakei)

Mit Startnummer 100 hatte Valentin in der letzten Runde noch die Chance die 50% zu erreichen. Leider blieb Valentin (Schwarz) dies aber verwehrt. Leider reagierte er in der Eröffnung auf einen eigentlich nicht sehr erfolgversprechenden Plan von Weiß falsch und fand sich bald in einer schwierigen Stellung wieder. Später wäre Ausgleich vielleicht noch möglich gewesen, aber da die Partie für Weiß auch viel einfacher zu spielen ging Material verloren. 0:1

Somit erreichte Valentin den 91sten Endrang mit einer Eloperformance von 1743! Gratulation!

Link zur U12: https://s2.chess-results.com/tnr1282644.aspx?lan=0

Die EM war zweifelsohne eine tolle Erfahrung. Das gemeinsame Ziel und die friedliche Auseinandersetzung von hunderten von Kindern und Jugendlichen aus allen Ecken und Enden aus Europa war beeindruckend. Der Ort und das zuvorkommende Wetter ließ sogar richtiges Urlaubsfeeling aufkommen und die Gemeinschaft mit den Schachkumpels und deren BegleiterInnen aus OÖ machte uns richtig Spaß! Und natürlich hoffen wir, dass sich Valentin durch die vielen langen und umkämpften Partien schachlich weiterentwickeln konnte!